Donnerstag, 10. Mai 2007

So war das Wochenende an der Freifunk Summer Convention - Teil 4 (Samstag)

Im Norden geht die Sonnen ein bisschen früher auf als in unseren Breitengraden. Um neun Uhr war es in meinem Zelt schon fast so heiss, wie in einem Backofen. Mal den Reissverschluss öffnen und aus dem Schlafsack kriechen. Da mir in der Zwischenzeit das Kondenswasser begonnen hatte auf den Kopf zu tropfen, war mein Aufenthalt im Bereich von Zelt und Vorzelt eher kurz. Kaum draussen waren die Socken noch nässer als vorher, denn der Morgenreif hatte sich recht ausgiebig auf dem Rasen breitgemacht. Also Turnschuhe anziehen und ab Richtung Toilette. Das Badetuch auf meinem Zelt hat in der Nacht mehr Nässe aufgesogen als abgegeben und war dementsprechend schwer. Dies war jedoch kein Hinderungsgrund den Weg zum Pissoir langsam anzugehen, denn die kalte Nacht und das Bier hatte mir über 8 Stunden die Blase gefüllt. Wie es auf dem WC bei der Entleerung tönte, spreche ich eventuell bei einer anderen Gelegenheit an. Auf dem Rückweg zum Zelt, welcher mich durch die Turnhalle führte, konnte ich dank den Linsen erkennen, dass alle anderen bereits wieder ihren Platz am Tisch eingenommen hatten und sich am “Zmorgen-Buffet” stärken. Diese Stärkung war auch nötig, denn Ädu hatte sechs Velos organisiert. Gut, im allgemeinen Sprachgebrauch würden solche Dinger als Fahrräder bezeichnet, sie waren jedoch sehr weit weg von unserer Vorstellung über Velos. Rücktritt als einzige Bremse, keine Schaltung, keine Luft in den Pneus, usw um nur einige Dinge zu nennen. Doch wir konnten es trotzdem nicht lassen, an den Strand zu fahren, denn was sind schon sechs Kilometer…Die ersten paar Meter waren noch etwas gewohnheitsbedürftig, aber dann ging es recht flott voran. Die Rast an der Tankstelle hatte einen positiven Einfluss auf die Fahrt, denn pumpen konnten wir nicht. Und so fuhren wir auf der Landstrasse Richtung Meer, hinunter war kein Problem, nur an den Steigungen vermissten wir die 21-Gang-Schaltung. Da es aber in Dänemark keine Berge oder grössere Hügel hat, ist es auch nicht nötig solche zu verbauen. An vielen Häusern konnte man die Spuren des Djursland Projekt erkennen, es waren Richtantennen oder Konservendosen angebracht. Die Antennen-Masten, die zum Teil die grösseren Richtantennen trugen, waren zwischen die Häuser wahrscheinlich ohne Baubewilligung und ohne Bedenken über die Strahlenbelastung gebaut worden. Die Strahlenbelastung wird durch die frische Meerluft gesenkt…Dass wir den Strand, respektive den Hafen, bald erreichen würden, konnte man am Fischgeschmack in der Luft sehr gut erkennen und zwar noch bevor man das Meer sehen konnte. Nach einer kurzen Fahrt auf dem Weg zum vordersten Punkt des Hafen mussten wir die Velos stossen, da sie in einem Zentimeter Sand nicht mehr in der Spur fahren wollten. Also gingen wir das letzte Stück zu Fuss weiter. Die Velo-Ausflugsgruppe hatte sich zwangsweise aufgeteilt, denn das Velo von Beechie hatte einen kleinen Schaden, die Nabe war vom Radkörper abgebrochen. Dies haben die Personen, die vorausgefahren sind, erst erfahren, als wir schon den Hafen erreicht hatten. Das Gedröhne der Windräder war nicht zu überhören und ihr Anblick, wenn man direkt darunter stand, war imposant. Sogar ein Schiff hatte eine Konservendosen-Antenne angebaut, wenn man kann, will man plötzlich überall online sein, auch wenn man auf das Anbeissen von Fischen wartet. Als wir uns von den Windrädern trennen konnten, machten wir auf dem Weg zu den Velos noch einen kleinen Umweg an den Stand. Das Wasser hatte noch knapp Badetemperatur, was ein paar Kinder unter Beweis stellen, uns war es jedoch zu kalt und da niemand eine Badehose dabei hatte, wurde nicht lange diskutiert, ob man baden wollte oder nicht. Simu hatte sich mit Beechie zusammengetan, um den Rückweg zu Fuss anzutreten. Wir anderen sind gefahren so gut es ging. Die Streckenabschnitte, die uns bei der Hinfahrt als sehr angenehm aufgefallen sind, da sie abfallend waren, rächten sich mit Schweiss. Als wir die Turnhallen erreicht hatten, war schnell klar, dass wir die beiden zu-Fuss-gehenden-Velofahrer abholen mussten, denn die sechs Kilometer erscheinen uns doch etwas zu weit, um sie laufen zu lassen. So fuhren wird mit unseren Transporter wieder Richtung Strand, um die zwei aufzuladen. Mit dem Besenwagen war es ein “Katzensprung” und da sich Simu und Beechie noch nicht so weit bewegt hatten, konnten wir alle und alles sehr “gäbig” auf einer ruhigen Nebenstrasse einladen. Zurück bei der Turnhalle stellten sie ihre Velos zurück und verfluchten wahrscheinlich insgeheim, dass sie eingewilligt hatten, mit zum Strand zu kommen. Das Mittagessen kam nun gerade richtig, obwohl es nicht gerade eine Riesenanstrengung gewesen ist. Leider hatte wir durch unseren Veloausflug die Vorträge und Präsentationen am Morgen verpasst, hauptsächlich war des der rote Faden “Wireless for Development”. Dieses Thema hatte eine hohe Präsents an der Convention. Zu unserem Glück habe wir die Velotour am Morgen gemacht und nicht am Nachmittag, denn am Nachmittag haben sich sehr interessante Leute in der Turnhalle zu Wort gemeldet. John Wilson sprach recht lange und ausführlich über die “erste Meile”. Er erläuterte ebenfalls Strategien für den Breitband-Anschluss, welche sie in Schottland (oder war es Wales) verfolgten. Natürlich fehlte auch ein Hinweis auf sein Lieblingsthema “die Frequenzbänder” nicht. Abgelöst wurde John Wilson vom Amerikaner Dave Hughes, der über sein Projekt “Linking Everest” sprach. Der selbsternannte “Cursor-Cowboy” standesgemäss mit Hut, Jeans, entsprechenden Stiefeln und passendem Hemd war eine Erfrischung mit seinen 74 Jahren, denn er erzählt allerlei Anekdoten aus seinem Leben und über seine Wireless-Projekte. Als er jedoch ein VoIP-Adapter von Cisco aus seiner Tasche zauberte, über dessen Vorteile zu referieren begann und sogar seine Funktionsweise demonstrierte, war allen Zuhörern klar, wer die Ausrüstung zu seinem Everest-Projekt gesponsert hatte. Eine Stunde vor dem Nachtessen sprach dann Jürgen Neumann in einem Nebenraum über das sogenannte Pico Peering. Da ich nicht mehr so geübt bin im stundenlangen Zuhören, habe ich nur kurz seinen Worten gelauscht und mich wieder in die Turnhalle zurückgezogen. Da wir den längesten hatten, äh Stromverteiler/Stromschiene oder so, haben sich immer wieder Leute, die fremde Sprachen gesprochen haben zu uns an den Tisch gesetzt und versucht ihre Stromadapter einzustecken. Vielen ist es gelungen, anderen nicht. Jemandem dem es gelungen ist, war Ralf aus Deutschland und einer Inderin. Der Inderin konnte ich nach anfänglichen sprachlichen Barrieren helfen den geografischen Standort der Freifunk Summer Convention zur nächsten grösseren Stadt zu bestimmen. Ralf versucht auf seinem WRT54 OpenWRT zu installieren. Ein aus meiner Sicht sehr interessanten Unterfangen, welches ich mich an meinem WRT54GS noch nicht getraut haben zu tun. Sein Erfolg hat mich in meiner Entschlossenheit es bald auch zu versuchen, gestärkt (dies ist jetzt 3 Wochen her und immer noch nichts OpenWRT…die Zeit dies hier zu schreiben nimmt mich halt sehr in Anspruch). Bis sein Erfolg eingetreten ist, hat er jedoch ein paar Mal ein sehr nachdenkliches Gesicht gemacht. Er liess sich nicht einmal auf ein Bier einladen, dies zeugt von einer gewissen Stärke und Entschlossheit, die Ädu und mir fehlt, denn wir haben bei jeder Gelegenheit hemmunglos Bier getrunken. Andere trinken die Frauen schön, da es keine hatte, wollten wir den Nachmittag schön trinken. Kleine Nickerchen auf der Camping-Wiese waren an diesem Nachmittag bei allen Teilnehmern sehr beliebt, auch bei gewissen Personen aus der Schweiz. Zwei Stunden nach dem Nachtessen kann der Höhepunkt des Abends das Konzert der einheimischen Band “Sky of Blue”. Als das Licht gelöscht wurde, bot sich in der Halle ein ziemlich komisches Bild. Überall leuchtende Laptop-Displays auf den Tischen. Und ab und zu ein leuchtender Apfel, ein wage Schätzung würde ungefähr von einem Drittel Äpfel-Läppis sprechen. Es hatte jedoch erstaunlich wenig Publikum und so war die Aussage des Leadsängers, dass dies hier sein erstes Konzert sei, bei welchem es mehr Computer als Zuhörer hatte, nicht ganz unwahr. Das Konzert war nun im vollen Gange. Die Band rockte, aber wie schon gesagt, es hatte kaum Zuhörer. Die Zeit wurde zum Chatten gebraucht, auch bekannt unter der Erforschung der menschlichen Psyche, und zum Bier trinken im Freien. Ebenso hatte sich ein Individuum namens OfflineHorst hinter der Turnhalle mit seinen selbstgebauten Antennen in Stellung gebracht. Er erklärte uns auf deutsch, englisch und in einem Mischmasch die Funktionsweise der verschiedenen Antennetypen. Weiter klärte er uns auch über ihre Vorteile oder die Probleme bei der Herstellung auf. Immer wenn man Ädu sucht, musste man nach draussen gehen, sich ein wenig umschauen und jemanden suchen, der ein supereleganten Headset auf hatte und skypte (skype = billig telefonieren über’s Internet). Das Konzert war nun fertig und es kehrte wieder Stille ein in der Turnhalle. Stille ist ein bisschen übertrieben, denn die Helfer feierten ausgelassen weiter. Da es wahrscheinlich in Djursland nicht allzu oft etwas zu feiern gibt. Wir zogen es vor draussen am Tisch mit Jürgen Neumann (Freifunk) und Sven Wagner (C-Base) Bier zu trinken, zu rauchen und mit ihnen über die Problematik des Community Networkings, des Freifunk-Forums und über Arbeit in einer Community zu diskutieren. In Berlin finden jede Woche Wireless-Treffen statt, die von 40 bis 60 Leuten besucht werden. Es gibt dort ein Löt-Abend zum Antennenbauen, ein Wirless-Einführungsabend, ein Linux-Einführungsabend, und noch vieles mehr, erzählte uns Sven Wagner. Bern ist halt nur eine Kleinstadt im Vergleich zu Berlin. Da wir nun alles Bier getrunken hatten, war der Gang Richtung Zelt der nächste logische Schritt.

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