Der nächste Halt fand auf einer Autobahnraststätte statt, die wahrscheinlich schon mehrere Auftritte bei “Aktenzeichen xy” als Austragungsort von Verbrechen hatte (Original-Aussage von Remo). Also nur das Nötigste erledigen und noch erkennen, dass bei unserem Personen-Lieferwagen das eine Rücklicht defekt ist. So hatte wir wenigstens das Lichthupen der Lastwagen erklärt. Als ich das Steuer übernahm, konnten Simu und ich noch die letzten Ausläufer der “Kasseler Berge” geniessen. Hinunter mit 140 km/h, hinauf mit 90 km/h. Mättu hatte sich fast während seiner gesamten “Fahrschicht” durch dieses Gebiet kämpfen müssen. Nun denn, Freitag 0300 irgendwo in Deutschland auf der Autobahn alles, was man sieht sind Lastwagen, grosse und keinen, die meisten eher langsam, Lieferwagen der Kurierdienste, alle ziemlich schnell und ab und zu einen Personenwagen, der uns mit einer Geschwindigkeitsdifferenz von etwas 100 km/h überholte. Der Norden kam immer näher, man konnte zwar das Meer noch nicht riechen, dafür kamen langsam die Schmerzen in gewissen Körperteilen (Bleifuss, usw.). Im Morgengrauen erreichten wir Hamburg, eine Grossstadt mit diversen komischen Errungenschaften. Ich persönlich konnte mich mit den Tunnelsystem nicht so anfreunden, links oder rechts, hmmm mal warten und im letzten Moment doch noch die Spur wechseln. Zum Glück haben die anderen Mitstreiter geschlafen, ausser Simu, der mir während dem Fahren unter- und wachgehalten hat.
Da nach vielen Kilometer Fahrt durch die Nacht, die noch verfügbare Dieselmenge und meine Konzentration langsam dem Ende zuging, wurde ein Pause eingelegt. Standard-Prozedere, sprich pinkeln, rauchen und die eingeschlafenen Körperteile wecken. In der Zwischenzeit hatte sich Ädu, gemäss einer Aussage, wieder genügend erholt und den Rest der Strecke zu fahren. Ich hingegen legte mich wieder aufs Ohr. Anscheinend erfolgte der Landeswechsel Deutschland - Dänemark ohne Problem, da die EU netterhalber die Innengrenzen nicht mehr kontrolliert. Nun waren wir in Dänemark, der Sonnenaufgang wollten wir auf einer Raststätte beobachten, dies war jedoch nicht so der Hit, da die Sicht durch ziemlichen Dunst behindert wurde. Also weiter Richtung Ziel, denn es rückte langsam in Griffweite, nur noch 200 km. Ich hatte meinen Platz als Co-Piloten eingenommen und genoss, wenn auch noch eine gewisse Rest-Müdigkeit vorhanden war, die morgendliche Fahrt durch Dänemark. Nun kam der Zeitpunkt bei welchem wir beschlossen hatten die Autobahn zu verlassen und auf der Hauptstrasse zu fahren. Dies hat sich jedoch als nicht ganz einfaches Unterfangen herausgestellt, da mein Läppi mit GPSDrive bereits vor dem Verlassen der Autobahn keinen Saft mehr hatte und die einzige verfügbare Karte im Massstab 1:800000 war. Fahren und schauen, wo man landet…die ungefähre Richtung war bekannt und mit Hilfe des Etrexs konnte die Nord-Richtung bestimmt werden. Die Fahrt führte uns durch Wälder, über Wiesen, durch kleine Dörfchen und über verlassene Landstrassen. Endlich ein Wegweiser nach Glesborg, wieder schöne Felder, Bauernhöfe und manchmal ein paar komische Schilder, wie mitten im Wald ein Warnschild “Schulkinder”. Jaja, andere Länder andere Sitten…Glesborg, wir haben unser Ziel erreicht. Dieses Dorf in der “dänischen” Landwirtschaftzone hatte auf den ersten Blick nicht viel zu bieten, dies liess sich leicht erkennen, bei der Suche nach den “Djursland Hallen”, dem Austragungsort der Freifunk Summer Convention (gut, die Mailing-Liste kürzt das Ganze als ffsc, es wurde wohl noch das f von Frei oder funk hinzugenommen). Nach einem kurzen Halt im Bereich des “Dorfzentrums” und einem Telefon-Gespräch von Ädu mit Jürgen Neumann fanden wir die Turnhalle, denn die Wegweiser sind wohl vergessen gegangen. Kaum auf dem Parkplatz angekommen, hatten wir einen richtigen Schock, denn das Wesen, welches auf uns zu kam, konnten wir nicht recht einordnen. War es eine Frau oder ein Mann? Bis am Ende der Veranstaltung konnte dieses Zuordnung nicht gemacht werden, was sich damit gegründen lässt, dass alle einen grossen Bogen um das Ding gemacht haben. Nach der Begrüssung von Jürgen Neumann konnten wir einen ersten Blick auf die Infrastruktur des Austragungsortes werfen. Damit auch auf der grossen Wiese, welche sich hinter der Halle erstreckte und als Zeltplatz dienen sollte, gesurft werden konnte, hatte sie Panel-Antennen montiert, die den ganzen Bereich abdeckten. Im Innern der Halle wurde noch die letzten Sachen an ihren Platz geschoben, Beschriftungen aufgehängt und Dekoration angebracht. Die Access Points waren bereits unter der Hallendecke montiert und die Stromschienen auf den Tischen verteilt worden. Zu Diesem Zeitpunkt konnte auch erkannt werden, dass Dänemark eine Handball-Nation ist, denn die Handbälle werden nicht in Schränke verräumt, sondern in grossen Wagen in der Halle gelassen. Beim Empfang haben wir unsere Schulden bezahlt und dafür ein Namensschild erhalten. Das Suchen nach den Schildern im grossen Haufen war für den ältereren Herr des Veranstaltungsteam eine ziemliche Herausforderung, denn er konnte mit Klangbild des Namens keinen Bezug zur Schreibweise herstellen. Jedoch wurde durch Mithilfe von unserer Seite diese Problem gelöst. Im Laufe des Vormittags hatten wir uns an einem Tisch ausgebreitet, die Akkus aufgeladen und ausgibig gesurft, denn durch die zur Verfügung gestellte Geschwindigkeit war es ein Vergnügen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch ein Auge auf die Grafikerin, welche das Freifunk-Logo entworfen und natürlich ihr iBook mitgenommen hat, geworfen (hmmm, nettes Wortspiel ). Erstaunlicherweise hatten viele Teilnehmer ein Laptop mit einem Apfel auf dem Deckel. Kurz vor dem Mittag haben wir eine kleine Exkursion ins “Dorf” unternommen, um Geld (in Dänemark wird zu meiner Überraschung immer noch mit Kronen anstelle von Euros bezahlt, jaja, wer sich nicht schlau macht, ist selber schuld) zu beschaffen und Nahrunsmittel zu kaufen. Leider war niemandem der aktuelle Wechselkurs bekannt und so waren wir froh, dass sich im Nachhinein herausstellte, dass sich der abgehobene Betrag nicht in dreistelliger Höhe bewegte. Das nachfolgende Einkaufen stellte sich auch als schwieriger heraus als erwartet, denn neben Pringels, Cola und Mars war es vorallem die anderen Produkte, die zum Teil nicht recht eingeordnet werden konnte. Am Ende der Rundganges im “Super Brugsen” hatte auf jeden Fall alle, auch die Personen, die unter die Kategorie Allergiker fallen, etwas zu trinken und zu essen. Als wir zu der Turnhalle zurückkamen, hatte die Helfer jedoch schon das Mittagessen aufgetischt, ok, auf einem grossen Tisch zu einem Buffet ausgebreitet. Etwas skeptisch schlichen wir daran vorbei, die Neugier liess uns nicht los und so nahm dann doch jeder einen Teller voll. Fazit, dänisches Essen ist gar nicht so schlecht. Der frühe Nachmittag wurde mit Zelt aufbauen, auf einem Bank in der Sonne liegen, surfen, dem Warten auf die 50 verspäteten Personen und dem Studieren der anderen Teilnehmern verbracht. Ein Zusammentreffen mit einem Teilnehmer aus Deutschland, welcher uns von einen grossen Raumschiff mitten in Berlin erzählte und Ädu und ich begriffen jedoch nicht genau, was er uns damit mitteilen wollte, dafür ist es uns in Erinnerung geblieben. Als die Hälfe des Vornachmittag um war, hatten sich die Veranstalter doch noch dazu durchringen können mit den Vorträgen zu beginnen und so wohnten wir um 1500 unserem ersten Vortrag über WiMAX von Professor Clemens Cap bei. Der Herr Professor schien ein Mann vom Fach zu sein, leider wurde er immer wieder unterbrochen. Diese Unterbrechungen waren darauf zurückzuführen, dass die Engländer Fragen und Anmerkungen über ihr Lieblingsthema “die Frequenzbänder” einbrachten und so wohl zeigen wollten, dass sie auch etwas wissen (kleine Anmerkung: Die Jungs aus England sind wirklich Superburschen, nur in diesem Moment haben sie extrem genervt…). Da sich die Diskussionen alsbald nicht mehr zwischen dem Referenten und den Zuhören austrug, sondern nur noch zwischen den Zuhörern, waren wir froh, dass nach einer Stunde der Raum vom nächsten Programmpunkt eingenommen werden wollte. Als Erholung gönnten wir uns ein wenig frische Luft und machten uns zugleich auf die Suche nach den Duschen, welche es irgendwo beim Schulhaus auf der anderen Seite der Camp Side haben sollte. Wir fanden jedoch nichts und so nahmen wir wieder unsere Plätze in der Turnhalle ein. Kurz hatte ich auch ein Auge auf die Video-Präsentation über das Djursland Projekt in einem kleinen Räumlein geworfen, dort war die Luft ungefähr gleich stickig wie am Ende der WiMAX-Präsentation, welches mich zum Rauchen im Freien verleitete. Der nachfolgende Programm-Punkt verspasste ich leider “HardwareHacking”, da ich nicht ganz schlau wurde, wo der Spass stattfindet. Irgendwann bemerkte Remo, dass etwas mit der ARP-Tabelle bei seinem Rechner nicht mehr stimmte. Und schaue da, es war bei allen etwas faul, sprich jemand sniffte im grossen Stil. Gewisse Leute haben dann noch schnell eine Firewall nachinstalliert. Die verdächtige Person wurde bald lokalisiert und mit verachtenden Blicken traktiert, dies zeige keine Wirkung und so wurde zu drastischeren Mitteln gegriffen. Die Zeit verging wie im Fluge und so wurde schon wieder das Essen vorbereitet. Für das leibliche Wohl wurde auch zwischen den Hauptmahlzeiten gut geschaut, es hatte immer Früchte, Kuchen, Kaffee und Tee zur Verfügung.
Nun war der grosse Moment gekommen und die Eröffnungsrede der Freifunk Summer Convention wurde von Bjarte Nielson eingeleitet. Bjarte, dessen Wurzeln zweifelsfrei einem prähistorischen Volk aus dem Norden zugeordnet werden konnte, sprach während mehreren Minuten über das Projekt bis er von einem Bürgermeister oder Gemeindepräsidenten abgelöst wurde. Später kamen noch die einzelnen Referenten zu Wort. Das ganze Gerede zog sich über fast eine Stunde bis alle gesagt hatte, wie froh und glücklich sie sind, dass so viele Leute aus so vielen Ländern gekommen sind. Als wieder der Normal-Zustand eingetreten ist, sprich surfen und plaudern, wurde es langsam Zeit sich ein Bierchen zu genehmigen. Denn die Duschen hatten wir gefunden, in den Gardaroben der Turnhalle, benutzt und so war wieder eine gewisse Sauberkeit in unser Leben getreten. Es war nicht nur ein Bier sondern zwei, aber nach einer langen Reise und einem langen Tag darf man das. Da sich in der Dunkelheit eine ungemütliche Kälte über Djursland gelegt hatte, beschlossen wir, schlafen zu gehen.